Big Enduro Race

Beim Kampf der Titanen am Pannoniaring wurde nicht an harten Manövern gespart. Ellbogenchecks, beinharte Linien und überschwellender Ehrgeiz machten aus dem Bridgestone BT020 Big Enduro Race scheinbar einen WM Lauf.
Schon beim Training am Vormittag zeigte sich, dass es manche Piloten sehr ernst meinen. Die wilden Tuttelbären, Varadero, V-Strom und Africa Twin Racer ließen vom Franz Fuhl (http://www.fuhlkfz.at/) das schwarze Gold aus dem Hause Bridgestone aufziehen. Der beliebte Sporttouring Reifen ist ja ab sofort auch in de Dimension der üppigen Enduros erhältlich. Für viele Enduristen war es das erste Mal auf der Rennstrecke. Am Vormittag war ich deshalb mit meiner DL 650 V-Strom meist schneller als die Newcomer. Das erste mal, dass ich auf der Rennstrecke ein überlegenes Gefühl hatte. Herrlich!
   
Doch im Laufe des Vormittages wurde es enger und enger. Die meisten anderen Piloten waren ja mit etwas kräftigerem Gerät ausgestattet und kamen langsam aber sicher in Schwung. Die Tuttelbären Truppe die gemeinsam mit Markus Ferch und Karl Felbauer von BMW Wien angereist ist, greift geschlossen auf GS 1150 und der scharfen GS 1200 an. Da gilt es den Bremshebel erst sehr spät und zaghaft zu ziehen um von den kräftigen Bombern nicht unter die Räder zu kommen. Ein paar unerschrockene wilde Hunde traten jedoch auch mit kleineren Kubaturen an.
   
Zum Beispiel der große Nesut. Wer die März Ausgabe des Reitwagens gelesen hat, weiß dass der große (und dicke) Nesut mit einer V-Strom mit Hayabusa Motor wohl besser beraten wäre. Jedoch versuchte er sich auch auf der kleinen V-Strom. Auch mit dabei: Der äußerst erfahrene Racer und ewiger Ehrgeizler Heini Schopf (http://www.actionbike.at/). Wir alle erinnern uns noch an den letzten Einsatz vom Schopferl. Gemeinsam mit seinem wütenden Bruder Franzl wurde beim 1000PS 1000km Rennen vor 2 Jahren der gesamte Actionbike Fuhrpark vernichtet. Das graumelierte Racing-Team ging damals so ernst zur Sache und verschrottete die Eisen schon im 2. Turn. Diesmal wollte der Heini alles besser machen. Er fährt im Training extrem weiche und lange Radien, total ohne Stress und steht's sehr kontrolliert. Der Nesut und ich müssen leider das Fernrohr auspacken. Der Schopferl auf der kleinen DL 650 V-Strom hat uns im Training schwer hergebrannt. Seine Bestzeit: 2:31, meine Bestzeit: 2:35, die Bestzeit vom Nesut ebenfalls 2:35. Unnötig zu erwähnen, dass bei so einer knappen Gschicht schon im Training harte Bandagen gefahren wurden. Der Nesut schmeißt mir die Tür am Kurveneingang härter ins Gesicht als meine erste große Flamme die Schlafzimmer-Tür. Ich musste beim Rennen in jedem Fall schon beim Start vor ihm bleiben. Ein Vorbeikommen im Rennen ist ohne Funkenflug wohl nicht möglich.
   
Ein grimmiger Andrücker war auch der mir bis dato vollkommen unbekannte Africa Twin Pilot. Mit seiner uralten und extrem ranzigen 650er Africa, machte er mir beim Training das Leben zur Hölle. Der hat in den Kurven mächtige eingeschenkt aber am Kurvenausgang hab ich den PS-Vorteil von meiner tapferen kleinen Kriegerin aus dem Ärmel gezogen. Das wird sicher ein mächtiges Rennen.
   
Manfred Cyran von Manfreds Motorradreisen (http://www.motorradreisen.cc/) legte die 1150er GS ein wenig zu weit um. Die guten Reifen trifft hier keine Schuld. Mächtiger Lowsider übers Hinterrad nach der Start-Ziel. Ich wusste schon, das wird kein gutes Ende mit ihm nehmen, als er in der Boxengasse vor sich her murmelte:"...die Kurve nach Start-Ziel MUSS VOLL gehen...".
   
Der Ossimoto Ossi war beim Training noch sehr zurückhaltend. Er versuchte alle anderen steht's davon zu überzeugen dass seine Tiger den anderen Eisen schwer unterlegen ist. Die Tiefstapelei wollte natürlich niemand glauben. Jedermann / frau vermutete in der blauen Tiger mit Topcase bestialisch anreissendes Tuning-Material.
   
Vollkommenes Neuland betrat der Martin Bauer. Er trat auf einer V-Strom 1000 an, und war überrascht wie fest die anderen Racer im Training am Gasseil ziehen. Er war zwar mit der Performance der V-Strom zufrieden, aber die Transparenz und Exaktheit im Kurveneingang ist mit der seiner GSX-R 600 wohl kaum zu vergleichen.
   
Ein Top-Kanditat auf den Sieg war aber auch der Günter "Gahli" Gahleitner, seines Zeichens Reifenkeiler bei Bridgestone. Er hat natürlich unendliches Vertrauen in den neuen BT 020 und legt die 12er GS vollkommen umbarmherzig um.
   
Beim Training ausgelassen hat der Bridgestone Vertriebsleiter. Ich möchte hier keine Namen nennen. Am Vorabend der Kaiser an der Bar und beim Training mit grünlich-weißem Antlitz in der Boxengasse (selbstverständlich in Zivilkleidung). Dieses Trainingsmanko wird ihm beim Rennen fürchterlich abgehen. Mit oder ohne Schotterausschlag - Der Brückensteiner muss heute dran glauben.
   
In der Mittagspause beim Mario wurde ganz schwer taktiert. "Werfe ich ein großes Schnitzel, ein Gulasch oder nur einen leichten Salat ein?" "Energy-Drink, Fruchtsaft oder Mineralwasser?" Niemand wollte unnötigen Ballast mitnehmen, niemand wollte im Rennen zu wenig Energie im Wamperl haben.
   
In der Startaufstellung bekam ich dann aber doch ein wenig kalte Füße. Der Schopf Heini neben mir auf der kleinen V-Strom, ich auf der kleinen V-Strom und rund um uns die fetten 1000er. Vor uns der Ossi mit seinem 3-Zylinder-Hammer und der flotte Gahli auf der GS. Ein gutes Gefühl für mich in der 2. Startreihe zu stehen. Ich werde es vermutlich so schnell nicht wieder erleben. Der feige Nesut hat den Ernst der Lage schnell erkannt, und fürs Rennen auf eine V-Strom 1000 umgesattelt. Eine Startreihe hinter mir freute er sich schon auf die erste Gerade. Es war mir klar. Der Start muss einfach perfekt sein.
   
Ich starrte auf die Ampel wie in mein erstes Schlüsselloch-Sexheftl und legte den Gasgriff keine 0,001 Sekunden zu spät um. Der Ossi hat scheinbar schwer gelogen. Seine Triumph ging weg wie eine getunte Turbo-Hayabusa. Da brannte kein Licht für alle anderen Starter. Ich erwischte den Start mit der kleinen V-Strom nicht so schlecht wurde aber bis zur ersten Kurve von einigen GSen überrollt. Die Einfahrt zur ersten Kurve in einem Pulk von vollkommenen Racing-Neulingen war eine äußerst interessante Angelegenheit. Während bei einem "normalen" Rennen das Feld in halbwegs geordneten Bahnen den Weg durch die erste Kurve geht, walzte sich bei diesem Rennen ein riesiges Blechknäuel durch die erste Kurve. Zu 6. nebeneinander. Kreuz und Quer. Mächtiges drängeln und vollkommen irre Linien ließen das Blut der Zuschauer gefrieren.
   
Sämtliche Schutzengel dieser Welt haben in diesem Moment Überstunden geschoben und es gab tatsächlich keine Ausfälle zu beklagen. Die 2. Kurve war schon etwas besser doch in der 3. Kurve waren die Schutzengel mit ihrem Latein am Ende. Ein schwer übermotivierter GS-Pilot legt mächtig spät um, und gibt mächtig früh Gas. Das Hinterrad entkommt ihm kurz und er fährt mir brutal in die Quere. Ich kann nicht mehr umlegen und rechne fix mit einer festen Brezn ins feuchte Kies/Gatsch-Bett. Die kleine V-Strom hat mit dem leichten Gelände am P-Ring jedoch keine Probleme. Nach einer kleinen Ehrenrunde im Kiesbett fahr ich topmotiviert zurück auf die Strecke. Jetzt liegt das ganze Feld vor mir. Beinahe jeder Pilot hat 20PS mehr als ich unterm Hintern...
   
Ich verfluchte den roten GS-Reiter über alles. Heini Schopf, der große Nesut, Karl Felbauer und der Brückensteiner. Alle konnte ich beim Start hinter mir lassen. Und nun kann ich als verdammter Looser von hinten her eine erbärmliche Aufholjagd starten.
   
Nach einer Runde hatte ich den übermotivierten und untertrainierten Brückensteiner in Griffweite. Der arme Teufel fährt mindestens 10 Sekunden langsamer als ich. Ich überlegte ganz genau wie ich ihn überholen sollte. Entweder mit einer harten Linie von innen wo er ganz grausam in den Lenker beißt oder cool und lässig und unendlich demütigend auf der Außenlinie. Doch plötzlich - in der langen 180° Kurve - überkam den Brückensteiner scheinbar ein intensives Gefühl der Unbesiegbarkeit. Ich kann es verstehen, dass er in sein Produkt - die klebenden BT 020 - großes Vertrauen hat, doch ohne Vorankündigung und ohne Einsatz irgendwelcher fahrerischer Kompetenz ankert er derartig spät in die Kurve dass ihm auch seine japanischen Wunderwutzi-Ingenieure nicht mehr retten können. Sein Eisen geht übers Vorderradl ins kuschlige Kiesbett. Ein unwürdiges Schauspiel. Er pflügt durch das Kiesbett wie ein mächtiger Steyer Traktor mit unendlicher Power.
   
Somit bleibt mir auch das noch einzige mögliche Erfolgserlebnis verwehrt. Die weitere Fahrt ins Ziel war ohne besondere Highlights. Die V-Strom fährt sich so leicht, handlich und super zu kontrollieren dass man quasi nix falsch machen kann. Ich hatte selten so viel Spaß am Ring. Das quirlige Eisen muss das ideale Stadtgefährt sein.
   
Der Martin Bauer siegte knapp aber doch vorm Ossi mit ein bisserl mehr als 1 Sekunde Vorsprung. "Viel Luft war da nicht mehr", sagte er nach dem Rennen. Auf Platz 3 geht der Gahli mit 10 Sekunden Rückstand ins Ziel. Eine halbe GS-Länge dahinter kam Martin Schupplen über die Linie.
   
Ergebnisliste Bridgestone BT020 Big Enduro Race:
1. Martin Bauer Suzuki DL 1000 2:20.43
2. Walter Oswald Ossimoto Triumph Tiger 2:21.09
3. Günter Gahleitner BMW R 1200 GS 2:22.23
4. Martin Schupplen   2:21.84
5. Martin Preissler Honda Varadero 2:26.30
6. Peter Nesuta Suzuki DL 1000 2:26.99
7. Josef Laiber   2:26.65
8. Heinrich Schopf Suzuki DL 650 2:29.15
9. Norbert Woch   2:28.06
10. Karl Felbauer BMW R 1200 GS 2:31.25
11. Peter Hasenschwandtner Honda Africa Twin 650 2:31.81
12. Thomas Guttmann Suzuki DL 1000 2:35.40
13. Nils Nasty Suzuki DL 650 2:34.68
14. Kurt Gussnig BMW R 1200 GS 2:37.15
15. Gerhard Ochsenbauer   2:34.95
16. Gerhard Till Suzuki DL 650 2:39.06
17. Christian Götterer   2:39.03
18. Thomas Pfaller   2:41.17
19. Ernst Vogg   2:42.35
20. Otmar Zimmel   2:48.34

Ich hab mir leider nicht von jeden Starter die Motorradtype gemerkt. Sorry meine Herren.

   
Die Veranstaltung war eine ganz feine Sache. Die Starter hatten eine irre Gaudi und freuen sich schon auf die Wiederholung im nächsten Jahr. Auch dann wird Bridgestone wieder rufen: "Gib Deiner Big Enduro endlich mal richtig die Sporen!". Der passende Reifen dafür ist bereits im Handel erhältlich. Absolut zu empfehlen

Bericht vom 08.04.2004 | 14.928 Aufrufe

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